Jedes Jahr im Juni werden die „Glückstädter Matjeswochen“ mit der traditionellen Matjesprobe und einer viertägigen Eröffnungsveranstaltung eingeläutet. 1968 begonnen, wird diese Tradition bis heute fortgesetzt.
„Der Ursprung der Glückstädter Matjeswochen findet sich jedoch über 70 Jahre früher und wird auf eine Begebenheit im Jahre 1895 zurückgeführt. Damals kehrte der Segellogger „Tümmler“ des Kapitäns Jan Schön nach achtwöchiger Reise als erster mit einem Fang von 150 „Kantjes“ (Fässern) Heringen nach Glückstadt zurück und wurde dort von der Stadtkapelle empfangen. Der Kapitän reichte dem Glückstädter Gymnasialdirektor Prof. Detlef Detlefsen einen breitrückigen Matjeshering, den dieser einem Schüler weitergab, der tapfer hineinbiss. Die Überlieferung vom Matjesbiss wurde 73 Jahre später aufgegriffen und zur brauchtümlichen Handlung erhoben.“ *
Der Hering und insbesondere der Matjes spielten durch den Sitz der deutschen Heringsfischerei im Glückstädter Hafen seit jeher eine wichtige Rolle in Glückstadt. Und Zeitungsartikel belegen, dass bereits in den Jahren vor 1968 alljährlich die Ankunft des ersten Matjes der Saison mit einer „Schmecke-Mahlzeit“ , zu dem lokale Größen, Politiker und die Presse geladen wurden, im Lokal Deichpavillon bei Hans Bremer zelebriert wurde.
Dem damaligen Bürgermeister Dr. Bruhn ist es zu verdanken, dass diese Tradition mittlerweile deutschlandweit bekannt ist. Seine Idee war es, die Ankunft der Heringslogger, die von ihren Fangfahrten von den Shetland-Inseln bis zur Irischen See zurückkehrten, publikumsträchtiger zu feiern und damit den Matjes und auch Glückstadt selbst im Land bekannter zu machen. Zusammen mit dem Glückstädter Verkehrs- und Gewerbeverein und dem Hotel- und Gaststättenverband wurde die Veranstaltung sorgfältig geplant. Die Glückstädter Küchenchefs wurden in der Zubereitung vielfältiger Matjesvariationen geschult, ein Plakat und Prospektmaterial wurde entworfen, Geschirrhandtücher wurden mit Matjesrezepten bedruckt und auch der Ablauf der Eröffnungsveranstaltung selbst wurde detailliert festgelegt.
Am 13. Juni 1968 war es dann soweit. Vor den Augen neugieriger Zuschauer sowie Funk und Fernsehen machte der über die Toppen geflaggte Heringslogger Balder im Binnenhafen zur Musik der Blaskapelle des Detlefsengymnasiums an der Pier fest. Der Landwirtschaftsminister Engelbrecht-Greve, Herbert Ekkenga, Reeder der Glückstädter Heringsfischerei, und Dr. Bruhn gingen an Bord und Kapitän Schomburg erstattete die Meldung „von Fangfahrt zurück“. Im Anschluss öffnete der Fischmeister eines der Fässer, präsentierte voller Stolz die frischen Matjes und reichte nach alter Tradition die Rücken zum Probieren. Natürlich durfte auch ein eisgekühlter Klarer nicht fehlen, um mit dem Kapitän und der Besatzung anzustoßen. In kleinerer Runde begaben sich die Gäste dann zum Matjesessen in den Deichpavillon. Hier wurde schließlich auch die Offizielle Eröffnung der ersten Glückstädter Matjeswochen im Gästebuch der Familie Bremer besiegelt.
Die ersten Matjeswochen, die vom 15. Juni bis zum 15. Juli 1968 gingen, waren ein Riesenerfolg. Und so einigten sich die Initiatoren schnell, auch in den kommenden Jahren an diesem Erfolg anzuknüpfen. Bereits zwei Jahre später standen die Matjeswochen aber auf der Kippe. Die Glückstädter Heringsloggerei geriet in schwierige Gewässer. Die nahen Fanggründe waren erschöpft und die Schiffe nicht leistungsfähig genug, um neue Fanggründe, bspw. vor der Ostküste Nordamerikas anzulaufen. Für den Fall, dass es an Matjes nicht reicht, gab es sogar den Plan, ein wenig zu mogeln, indem andere Schiffe mit reicheren Erträgen der Balder aushelfen und auf hoher See die leeren Kantjes gegen volle ausgetauscht werden sollten. Ob es so weit kam, wurde allerdings nicht schriftlich festgehalten. Die Matjeswochen waren jedenfalls erneut sehr erfolgreich.
Der Attraktion Matjeswochen und ihrer zunehmenden Beliebtheit konnte glücklicherweise noch nicht einmal das endgültige Aus der Heringsfischerei im Jahr 1976 einen Abbruch tun. Die Heringe werden heute zwar nicht mehr auf See gekehlt und gesalzen, aber immer noch per Hand mit Hilfe der von Helmut Sievers entwickelten Landsalzung in Glückstadt produziert. Und die Eröffnung wurde auf den Marktplatz verlegt. Unzählige Minister, Bürgermeister und weitere Ehrengäste haben seit Beginn der Matjeswochen den Matjes probiert und beurteilt. Von „Ausgezeichnet“ über „Köstlich“ finden sich jedes Jahr neue Urteile für die Glückstädter Delikatesse.
Heute haben sich die Matjeswochen zu einem riesigen Volksfest entwickelt, welches deutschlandweit bekannt ist und jedes Jahr von über hunderttausend Gästen besucht wird. Eines hat jedoch Bestand: Der Original Glückstädter Matjes spielt nach wie vor die Hauptrolle in unserer Stadt und er hat nicht nur die Herzen der Glückstädter, sondern vieler Feinschmecker in ganz Deutschland und darüber hinaus erobert.
Informationen zur kommenden Eröffnungsveranstaltung der Glückstädter Matjeswochen findet ihr hier.
* W. Detjens, Unserm lieben Professor Detlefsen zum Gedächtnis, in: Jb. D. Vereinigung ehemaliger Primaner des Gymnasiums zu Glückstadt 64 (1957), S. 5